Am 08.01.2020 hat das Bundesfinanzministerium einen umfangreichen Frage-Antwort-Katalog herausgegeben, aus dem sich interessante Punkte ergeben. Wir haben Ihnen die wichtigsten Aspekte hier zusammengefasst. Gerne können Sie auch Ihre Mandanten hierauf verweisen.
1.1 Antworten auf allgemeine Fragen
Können nur Papierbelege ausgestellt werden?
Die Belegausgabepflicht ist bewusst technologieneutral ausgestaltet. Es bleibt den Kasseninhabern unbenommen, Belege beispielsweise auch per Mail oder auf das Handy auszugeben.
Was passiert, wenn der Ausgabepflicht nicht entsprochen wird?
Der Verstoß gegen die Belegausgabepflicht ist nicht bußgeldbewehrt. Er könnte aber als Indiz dafür gewertet werden, dass den Aufzeichnungspflichten nicht entsprochen wurde.
1.2 Thema: Anwendungsbereich
Müssen bei größeren Softwaresystemen, die auch ein Kassenmodul enthalten, Geschäftsvorfälle abgesichert werden, die mit dem Verkauf nichts zu tun haben? Beispiel: Bestellung von Ware beim Lieferanten in einer Warenwirtschaft, die für eine verbindlich vereinbarte Veranstaltung bestimmt ist?
Es müssen nur die Geschäftsvorfälle abgesichert werden, die zu einem kassenrelevanten oder kassensturzrelevanten Vorgang gehören oder zu diesem werden könnten. Bestellungen beim Lieferanten über eine Warenwirtschaft gehören nicht dazu, auch wenn sie einem zukünftigen Verkauf eindeutig zugeordnet werden können. Sie müssen im Rahmen der gesetzlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten aufgezeichnet werden.
Sind Barverkaufsfunktionen beispielsweise in einer Warenwirtschafts- oder Hotelsoftware per TSE zu schützen?
Nr. 2.1.4 des AEAO zu § 146 definiert: „Ein elektronisches Aufzeichnungssystem ist die zur elektronischen Datenverarbeitung eingesetzte Hardware und Software, die elektronische Aufzeichnungen zur Dokumentation von Geschäftsvorfällen und somit Grundaufzeichnungen erstellt“. Damit sind die fraglichen Systeme eindeutig „elektronisches Aufzeichnungssysteme“. Sobald die Systeme in der Lage sind, bare Zahlungsvorgänge zu erfassen und abzuwickeln, fällt der entsprechende Teil der Software - jedoch nicht das gesamte System - unter die Anforderungen des
§ 146a AO i.V.m. der KassenSichV.
Wie sind Fakturasysteme zu beurteilen, die über ein optional zuschaltbares Kassenmodul verfügen?
Besteht in einem Fakturasystem oder einem Fakturamodul die Möglichkeit, bare Zahlungsvorgänge zu erfassen, verfügt es über eine Kassenfunktion im Sinne der Nr. 1.2 des AEAO zu § 146a. D.h., dieses darf nur In-Verkehr gebracht werden, sofern es über die Möglichkeit zur Anbindung einer TSE verfügt (siehe
Nr. 11.2 des AEAO zu § 146a AO).
Müssen auch mobile Endgeräte (sog. Handhelds), mit denen die Bestellung der Kunden an den Kassenserver übertragen wird, bereits an eine TSE angebunden werden?
Mobile Endgeräte sind dahingehend zu unterscheiden, ob sie selbst ein (Teil eines) Aufzeichnungssystem(s) sind, oder als Eingabegerät zu qualifizieren sind. Kann das Gerät offline, ohne Anbindung an eine andere zentrale, die Aufzeichnungen führende Kasse betrieben werden, handelt es sich um ein selbständiges Aufzeichnungssystem und ist selbst unmittelbar an eine TSE anzubinden. Gehen die Funktionen des Geräts hingegen nicht über die Funktionen z.B. einer Tastatur hinaus, handelt es sich um ein Eingabegerät. In diesem Fall werden die erfassten Daten unmittelbar nach Erfassung an ein mit einer TSE verbundenes Aufzeichnungssystem übergeben.
1.3 Thema: Übergangsvorschrift
Dürfen innerhalb einer Filiale Kassen mit angeschlossener TSE und bau-artbedingt nicht aufrüstbaren Kassen zeitgleich bis zum 31. Dezember 2022 verwendet werden?
Ja, sofern die nicht aufrüstbaren Geräte die Voraussetzungen des Art. 97 § 30
Abs. 3 EGAO erfüllen, also eine Anschaffung nach dem 25. November 2010 und vor dem 1. Januar 2020 erfolgte und die Geräte die Anforderungen des BMF-Schreibens vom 26. November 2010 erfüllen. Dies gilt nicht, wenn die Kassen in einem Verbundsystem zusammen eingebunden sind.
1.4 Thema: Aufzeichnungssystem
Welche Auswirkungen haben DSFinV-K und TSE auf den Umfang von Ver-fahrensdokumentation und Protokollierung?
Auf eine detaillierte Beschreibung der standardisierten Teile (TSE, Schnittstellen, Datenformate) kann im Rahmen einer Systemdokumentation verzichtet werden. Im Übrigen ist eine Systemdokumentation in Abhängigkeit des jeweils einge-setzten Systems als Teil der Verfahrensdokumentation zu erstellen.
1.5 Thema: Der Vorgang
Wie ist der Vorgangsstart genau definiert? Muss z.B. bei einer Vorbestellung / Reservierung im Restaurant oder bei der Reservierung von Kinokarten ein Vorgang gestartet werden? Wann genau im Bedienablauf muss eine Kommunikation mit der TSE erfolgen?
Laut KassenSichV muss „für jede Aufzeichnung eines Geschäftsvorfalls oder anderen Vorgangs [...] von einem elektronischen Aufzeichnungssystem unmittelbar eine neue [TSE-] Transaktion gestartet werden.” Bei Reservierungen, Vor¬bestellungen oder anderen Vereinbarungen über zukünftige Lieferungen oder Dienstleistungen ist im ersten Schritt also zu entscheiden, ob in diesem Rahmen ein Vorgang begonnen werden muss. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Geschäftsvorfall kommt, ist beispielsweise dann gegeben, wenn aufgrund dieses Schrittes bereits Leistungen vorbereitet werden. Wenn also aufgrund einer Bestellung Ware produziert wird, ist ein Vorgang zu beginnen. Wenn An¬zahlungen geleistet werden oder der Rücktritt von der Bestellung bzw. Reservierung zu einer Zahlung führt (z.B. „No-Show“-Gebühr), ist in jedem Fall ein Vorgang zu beginnen.
Eine unverbindliche Vorreservierung einer Leistung, die ohnehin erbracht werden wird (z.B. Vorreservierung von Kinokarten, die verfällt, wenn sie nicht bestätigt wird oder auch die Vereinbarung eines Friseurtermins) führt nicht zum Beginn eines Vorgangs. Wenn der aktuelle Bedienvorgang zu einem Vorgangs-beginn im Sinne des AEAO führt, muss in der TSE eine Transaktion gestartet werden, sobald eine relevante Handlung vorliegt. Hierbei kann es sich um den Beginn der Erfassung der Bestellung oder das Scannen von Ware handeln.
Müssen Verkostung / Bruch etc. künftig an der Kasse „verbucht“ werden?
Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, Bestandsveränderungen über eine Kasse abzubilden. Andere Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten bleiben unberührt.
Wie müssen Trinkgelder behandelt werden?
Trinkgeld an den Unternehmer sind Teil des Umsatzes und somit zu erfassen. Trinkgeld an Angestellte sind unter dem Aspekt der Kassensturzfähigkeit wichtig, wenn und soweit diese nicht physisch getrennt vom betrieblichen Bargeldbestand aufbewahrt werden. Sofern Trinkgelder in den Geldbestand der Kasse aufgenommen werden, sind Aufzeichnungen hierüber mit einer TSE abzusichern.
1.6 Thema: Zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE)
Wie lange kann eine TSE genutzt werden?
Grundsätzlich bis zum Ablauf des kryptografischen Zertifikates in der TSE. (Siehe Hinweise des BSI dazu).
Wird die TSE selbst personalisiert, also direkt bei der Herstellung dem späteren Anwender zugeordnet (so wie das z.B. bei Signaturkarten der Fall ist) oder kann man unbenutzte TSEs frei handeln?
TSEs werden bei der Herstellung nicht personalisiert. Die Zuordnung der TSE zum Anwender erfolgt aktuell ausschließlich über das Mitteilungsverfahren nach
§ 146a Absatz 4 AO.
1.7 Thema: Einheitliche digitale Schnittstelle (DSFinV-K)
Die Abläufe bei „langanhaltenden Bestellvorgängen” (Nr. 3.6.6.2 des AEAO zu § 146a) bis zur Rechnung sind oft nicht linear, z.B. können in der Gastronomie zwischen Bestellung und Rechnung Tischspeicher gesplittet (aus einem werden mehrere) oder zusammengelegt (aus mehreren wird einer) werden. Welche Startzeit bekommt die Rechnung?
Sofern die langanhaltenden Bestellvorgänge mit der Transaktion „Bestellung“ ab-gesichert wurden, bekommt jede Rechnung den Zeitpunkt als Startzeit zu dem die Transaktion „Kassenbeleg“ begonnen wird. Werden z.B. mehrere Rechnungen für einen Tisch zu unterschiedlichen Zeitpunkten erstellt, so erhält die jeweilige Rechnung die Startzeit des Zeitpunkts zu dem die jeweilige Trans-aktion „Kassenbeleg“ begonnen wird. Zusätzlich ist auf den Bon der Startzeitpunkt der ersten Bestellung in Klarschrift aufzudrucken (siehe Nr. 2.7 sowie Anlage H, Folie 5, der DSFinV-K).
1.8 Thema: Beleg und Belegausgabepflicht
Gibt es Ausnahmen von der Belegausgabepflicht?
Eine Befreiung kommt nur dann in Betracht, wenn nachweislich eine sachliche Härte für den einzelnen Steuerpflichtigen besteht und die Besteuerung durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt wird. Die mit der Belegausgabepflicht entstehenden Kosten stellen für sich allein keine sachliche Härte im Sinne des
§ 148 AO dar (Nr. 6.9 des AEAO zu § 146a). Nach § 6 KassenSichV kann ein Beleg auch in elektronischer Form ausgegeben werden.
1.9 Thema: Kassen-Nachschau und Datenspeicherung
Dürfen die Daten der Kasse (zur Erzeugung des DSFinV-K-Exports) in der Cloud gespeichert werden?
Ja. Es ist jedoch sicherzustellen, dass die Daten jederzeit für Prüfungszwecke im Rahmen einer Außenprüfung oder Nachschau in engen zeitlichen Zusammenhang zur Verfügung gestellt werden können.
1.10 Thema: Mitteilungspflicht nach § 146a Abs. 4 AO
Wie funktioniert das Meldeverfahren bei Kurzfrist-Leihgeräten?
Es gelten die gleichen Regeln wie bei Kauf, Leasing, Miete o.ä. Der Entleiher hat seine Mitteilungspflicht nach § 146a Abs. 4 AO gegenüber der Finanzbehörde zu erfüllen.
1.11 Thema: Verbot des In-Verkehr-Bringens und Rechtsfolgen bei Verstoß gegen § 146a AO
Was passiert, wenn ich ein aufrüstbares Kassensystem verwende, aber trotzdem bis zum 31. Dezember 2022 mit einer Aufrüstung warte?
Nach § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 6 AO ist das eine Ordnungswidrigkeit, die mit bis zu 25.000 Euro Bußgeld belegt ist. Das Bußgeld kann unabhängig davon, ob es tatsächlich eine Manipulation oder Steuerverkürzung gegeben hat, verhängt werden.
Den kompletten Fragenkatalog des BMF finden sie hier.